FINSTERGEWÄCHS- DAS VERSTEHEN EINES FIEBERTRAUMS

Träume. Die Ebene, das unzählige Male erforscht wurde und sich dennoch immer wieder dem vollständigen Verständnis entzieht. Aber es dreht sich nicht nur um diese Ebene, sondern auch ihre Bühne: die Finsternis. Es ist der Ort, an dem alle Grenzen aufgehoben sind, wo die Verworrenheit an oberster Stelle steht. Doch sollten wir uns vor dem Unbekannten fürchten oder lernen, es zu
erforschen?

Mit dieser Denkweise wechseln das Objekttheaterkollektiv Spitzwegerich und Natascha Gangl in ihrem neusten Projekt „Finstergewächs“ vom Fassbaren ins Abstrakte. Voller provokativer Auslöser fokussiert sich das Stück nur auf eines: ein einzigartiges und faszinierendes Erlebnis. Von Fragen, die Paranoia hervorrufen, surrealer Verwendung von Schädeln und Augäpfeln bis hin zu
bewusstseinsverändernden Klanglandschaften bietet das Stück die Möglichkeit, sich den Klängen, den Gedanken und Visualisierungen zu stellen, die unsere Urangst vor Finsternis und dem verbundenen Kontrollverlust in Frage stellen.
Diese faszinierende Dias durch Irrationalität werden von Natascha Gangl, Birgit Kellner, Maja Osojnik und Manfred Engelmayr gekonnt angeleitet, während sie sich mit dem von ihnen dargestellten Fiebertraum verwandeln. Insbesondere sind es Kellners Illustrationen und Osojniks Stimme, die beim Publikum Verwirrung und Unruhe hervorrufen und ihre Sinne auf die Probe stellen.
Dies wird noch verstärkt durch das Bühnen- und Lichtdesign, durch das Christian Schlechter und Felix Huber die Performer mit der Bühne verschmelzen lassen, was ihnen die Freiheit gibt, nahezu alterslos zu sein. Der beengte Raum und die große Menge an Requisiten, die auf der Bühne zu sehen
sind, verengen den Fokus des Publikums und wecken ein interessantes, aber nachvollziehbares Unbehagen. Diese üppigen visuellen Elemente machen das Stück unvergesslich, allerdings auf Kosten einer intimeren Erforschung des gewählten Themas, die die hörbaren Elemente alleine erreicht
hätten. Das Stück reicht tief in das Unerwartete und hinterfragt eine Verbindung zwischen der Vergangenheit eines Tages und der unbekannten Zukunft eines anderen, während die Bühne langsam wieder in die Finsternis übergeht, wo eine andere Verbindung neu beginnen kann. Obwohl bestimmte Elemente davon selbst verborgen sein sollten, bietet das Stück dennoch ein unvergessliches Abenteuer durch die Verbündeten des menschlichen Geistes, wenn es mit etwas Unbekanntem konfrontiert wird.

Milan Vidovic

(c) Wolfgang Rappel

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