Vorhang auf

Im Rahmen einer Rauminstallation wird die Rolle der Frau im Theater in den Fokus gerückt. Sexuelle Anspielungen, Machtmissbrauch und psychischer Druck- Betroffene und Insider berichten.

„Sau.Rau.“- der orange gesprayte Schriftzug am Asphalt bedeutet all jenen, die den Ort nicht ohnehin schon von uniT kennen, am Ziel angelangt zu sein. In den Fensterbänken stehen Boxen. Aus ihnen ertönen Interviews von Menschen aus dem Theaterbusiness. Ein pinker Pfeil weist auf den Eingang zu „Forced Theatre. Step too“ hin, einer Installation, die im selben Gebäude gezeigt wird wie Sau.Rau, jedoch von uniT-externen Künstlern (Ute Rauwald: Konzept und Interviews, Harald Günter Krain: Sound, Andrea Fischer: Rauminstallation und Dagmar Rauwald: Video). Neben der Türe hängen Kopfhörer an der Wand, durch die die Besuchenden weitere Interview-Ausschnitte hören können. Pinke Klebestreifen, Plastikplanen, ein kaputter Drucker- die Besuchenden bekommen das Gefühl, eine Baustelle zu betreten. Ein Sinnbild für den hohen Renovierungsbedarf im Theaterbusiness?

Die Installation, eine Weiterentwicklung der in Hamburg entstandenen Rauminstallation, dreht sich nicht nur um das Thema der MeToo-Debatte. Auf einen Drucker ist mit pinkem Leuchtstift ein Auszug eines Interviews verschriftlicht worden. Es geht um eine erkrankte Schauspielerin, die trotz Medikamenten nicht auftrittsfähig war und sich krank meldete. Dafür wurde ihr von den Kollegen viel Unverständnis und Verachtung entgegengebracht. Neben dem Drucker klebt ein Zettel mit der Aufschrift „Arbeitssoldatin“. Auf dem Drucker wird der enorme Druck thematisiert, der auf die Darstellenden ausgeübt wird. Ein Druck, der nicht nur sexueller, sondern insgesamt körperlicher und psychischer Natur ist.

Auf einem Bildschirm im Raum wird eine Szene gezeigt, in der eine Vergewaltigung abstrahiert nachgespielt wird. Währenddessen erzählt eine Frauenstimme über die Kopfhörer von einer Schauspiel-Kollegin, die im Stück, wegen der inhaltlichen Vorgabe, geschlagen wurde. Davon trug sie aber tatsächlich blaue Flecken. Eine andere Frau erzählt davon, wie eine junge Schauspielerin bei einer finalen Probe vor allen Beteiligten zusammengeschrien wurde. Sie selbst schalte bei solchen Cholerikern einfach auf Durchzug.

Eine rosé-farbene Chiffonbluse hängt an einem Haken. Daneben ein Zettel mit den Worten „das ist eine Welt“. Der Raum wirkt. Splitter von Geschichten verletzter Menschen. Viele Fragmente fügen sich zu einem Bild zusammen. Ein Bild, das sichtbar wird, wenn sich der Vorhang durch die vielen Stimmen schon vor einer Vorstellung öffnet.

Von Katja Heine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.