Spaziergang im Kongo

Ganz im Sinne des Themas: REDE! steht Mission von David van Reybrouck. Das Haus 1 im Schauspielhaus mit ungewohntem Publikumsraum; 1 Rednerpult, 1 Schauspieler und genauso viel Stille wie Lachen. Die ungewöhnliche Lebensgeschichte eines Mannes der es sich zur Aufgabe gemacht hat Liebe dorthin zu bringen wo sie am dringendsten gebraucht wird.

Die Geschichte von Andrej (Bruno Vanden Broecke) ist eigentlich einfach. Er fühlt sich dazu berufen Priester zu werden. Nicht nur Priester, sondern Missionar. Missionar im Kongo. Und jetzt, nach über 50 Jahren Missionsarbeit steht er da und erzählt. Von Motorradfahrten in der Savanne, von der Fußballmannschaft mit der er 80 Kilometer Straße gebaut hat. Das eine Mal als sie mit dem Boot an einem einsamen Strand gestrandet sind. Aber auch vom Aberglauben, von Gewalt und von NGO Mitarbeitern die nicht verstehen was er eigentlich macht. Wenn so etwas passiert geht er spazieren.

Aber da ist noch mehr. Andrej berichtet von dem Schmerz, dem Leid und der Angst die die Menschen mit denen er arbeitet Tag täglich begleitet. Nicht als Appell oder Aufforderung, sondern als schlichte Wahrheiten, die Wahrheiten des Kongos die es nicht bis Europa schaffen. Wie etwa, dass kaum ein Mensch älter als 43 wird, weil Krieg und Hunger jeden Tag Menschenleben kosten.Aber nicht nur die Geschichten aus dem Kongo machen den Abend fesselnd – sondern gerade der Kontrast zwischen dem was er von seinen zahlreichen Heimatbesuchen in Brügge zu berichten weiß, die auf einmal so banal klingen. Die Politik in Belgien oder das neue Badezimmer der Nachbarn.

Das Wort emotional ist wohl zu klein um zu beschreiben, was Regisseur Raven Ruëll uns mit dem Text von David van Reybrouck vorsetzt. Seit mehr als zehn Jahren spielt Bruno Vanden Broecken nun Andrej und auch wenn deutsch nicht seine Muttersprache ist, so wirkt es fast noch ergreifender, wenn der Mann auf der Bühne nach Worten ringt, um das zu greifen, was er unbedingt mitteilen will.

Das Publikum ist hin und her gerissen zwischen Lachen und dem Lachen, dass im Hals stecken bleibt. Die Raum ist mit Worten so gefüllt, dass es kein Bühnenbild braucht. Da ist es fast schade, dass am Ende die Zuschauer überrumpelt werden mit Effekten, die der Text nicht nötig hat. Entlassen wird der Zuschauer mit vielen Antworten, aber auch mit Fragen die er sich vorher noch nicht gestellt hat. Warum schauen wir weg? Brauch ich ein neues Badezimmer, wenn es Menschen gibt die keine Wände an ihrer Hütte haben? Anstatt mich zu streiten – sollte ich vielleicht einfach spazieren gehen? Eine berührende Geschichte, die zum Nachdenken anregt und uns getreu des Festivalmottos REDE! hoffentlich zum Reden bringt.

Von Anatina Riester

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.